Scheitern im Sport und Scheitern des Sports. Philosophische und historische Perspektiven
22.-23.11.2024, Bochum
Jahrestagung der dvs-Sektionen Sportphilosophie und Sportgeschichte
Sehr herzlich laden wir alle interessierten Wissenschaftler*innen ein, an unserer Bochumer Tagung teilzunehmen. Die Veranstaltung bietet eine Plattform für den interdisziplinären Austausch von Ideen und Ansichten zum Thema Scheitern im Kontext des Sports aus philosophischer, historischer und kulturwissenschaftlicher Perspektive.
Sport gilt gemeinhin als jener gesellschaftliche Bereich, in dem das für die moderne Gesellschaft charakteristische Leistungsdenken und die daraus resultierende Erfolgsorientierung besonders stark ausgeprägt sind. Wer Sport treibt, allein oder im Team, auf Hochleistungs- oder Breitensportniveau, will etwas erreichen, vorankommen, will besser werden und vor allem: gewinnen. Im Sport zählt vor allem der Sieg. Anerkennung und Aufmerksamkeit, Ruhm und finanzielle Entlohnung erhalten nur die Sieger. Dass es diese nur gibt, weil es Verlierer gibt, ist bekannt. Niederlagen, Misserfolge und Scheitern sind gleichermaßen integrale Bestandteile des Sports. Womöglich geben Letztere dabei sogar besser Auskunft über das ‚Wesen‘ des Sports als die vorherrschende Fokussierung auf das Gewinnen und den Erfolg. Denn was sagt es aus über den Sport, dass Verlieren und Scheitern wie selbstverständlich negativ konnotiert sind? Warum kennt der Sport, anders als beispielsweise die Kunst oder die postmoderne Arbeitswelt, keine „Kultur des Scheiterns“? Ist jedes Verlieren auch gleichbedeutend mit Scheitern? Kann man nicht auch im sportlichen Erfolg Scheitern? Oder trotz eines Scheiterns sogar Gewinnen? Liegt im Scheitern gar ein Widerstandspotenzial gegen herrschende (kapitalistische, heteronormative, Macht-) Strukturen des Sports? Wenn Verlieren das faktische Ergebnis eines sportlichen Wettkampfs und Scheitern eine Zuschreibung ist, liegt es auf der Hand zu fragen: Wer nimmt diese Zuschreibung vor? Wer definiert nach welchen Kriterien ein sportliches Verhalten oder Ereignis als Scheitern? Welche historischen, kulturellen, sozialen, geschlechts- oder altersspezifischen Unterschiede der Scheiternsattribuierungen gibt es?
Die gemeinsame Jahrestagung der Sektionen Sportphilosophie und Sportgeschichte beschäftigt sich mit dem Scheitern im Sport und dem Scheitern des Sports. Mit dieser Differenzierung sollen unterschiedliche Zugänge zu Phänomenen des Sports erschlossen werden, wobei der Sportbegriff in einer weiten bewegungskulturellen Begriffsbestimmung verstanden wird. Bedeutsam auf diesen Ebenen erscheint die Bezugsgrundlage des Scheiterns an eigenen und fremden Ansprüchen, Wertvorstellungen und daraus abzuleitenden Normen. Sachlogisch ist das Scheitern ein inhärenter Bestandteil des Sports, für die Person aus bildungsphilosophischer Perspektive gar notwendige Bedingung für Entwicklung und für das Sportsystem in historischer Analyse ein Anlass zu selbstkritischer Fortentwicklung.
Wir möchten das Scheitern sowohl als grundlegendes (beispielsweise anthropologisches) als auch historisch und kulturell besonderes Phänomen des Sports, das in den Sportwissenschaften lange Zeit vernachlässigt wurde, gemeinsam diskutieren.
Beispiele für thematische Zugänge:
– Differenzierungen der Verständnisse von Scheitern im Sport –
- als anthropologische Bedingung sportlichen Handelns
- vom Umgang mit Niederlagen und dem Wert des Nichtgewollten
- als Kehrseite des Autonomie-Ideals des Sports
- vor dem Hintergrund einer Auffassung von Sport als Praxis der Inszenierung bzw. als ästhetische Praxis
- mit Blick auf Ablauf und Deutung von Niederlage und Begnadigung römischer Gladiatoren zur Zeit des Prinzipats
- etc.
– Differenzierungen der Verständnisse von Scheitern des Sports –
- hinsichtlich Potenzialanalysen, Erfolgsorientierung, Medaillenfixierung im Fördersystem des Spitzensports
- in seiner ihm zugeschriebenen Funktion als Wertevermittler und Integrationsmotor
- am Beispiel der US-amerikanischen Boykottbewegung vor den Olympischen Spielen 1936 in Berlin
- in Bezug auf die Frage des externen Investoreneinstiegs im Fußball
- etc.
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme an der Tagung und auf die Einreichung von Beiträgen aus philosophischer, historischer oder kulturwissenschaftlicher Perspektive.
Tagungsanmeldung
- Die Teilnahmegebühr beträgt für dvs-Mitglieder 75 Euro, für Nicht-Mitglieder 100 Euro, für Tagesgäste 25 Euro und für Studierende 15 Euro und beinhaltet die Verpflegung während der Tagung incl. eines Abend-Caterings in gemütlicher Runde an unserer Fakultät, bei Erstellung eines Tagungsbandes zudem die Zusendung der entsprechenden Veröffentlichung.
- Die Anmeldung zur Teilnahme an der Tagung sollte bis 31. Oktober 2024 erfolgen. Die Anmeldung erfolgt über das angehängte Formular per E-Mail an Andrea.kotlinski[at]ruhr-uni-bochum.de.
Adresse
Gesundheitscampus-Nord 10
44801 Bochum
Kontakt:
Prof. Dr. Christian Gaum, Prof. Dr. Andreas Luh & Dr.in Denise Temme
Ruhr-Universität Bochum
Fakultät für Sportwissenschaft
Gesundheitscampus-Nord 10
44801 Bochum
Tel.: +49 (0) 234 32-28065 / -27490
E-Mail: christian.gaum[at]rub.de, andreas.luh[at]rub.de & denise.temme[at]rub.de