Qualitätssicherung und sportwissenschaftliche Zeitschriften
Bericht vom Workshop der dvs am 6. Juli 2007 in Köln
Die Herausgeber/innen, Schriftleiter/innen und Verleger deutschsprachiger, sportwissenschaftlicher Fachzeitschriften trafen sich auf Einladung des dvs-Präsidenten Prof. Dr. Bernd Strauß am 6. Juli 2007 in der Zentralbibliothek der Sportwissenschaften zu einem Workshop, um Fragen der Qualitätssicherung bei sportwissenschaftlichen Zeitschriften zu diskutieren.
Die dvs hat zu diesem Thema im November 2004 Regularien ("Organstatus von Zeitschriften") verabschiedet, die bereits für die von der dvs herausgegebenen Zeitschriften Anwendung finden. Bernd Strauß erläuterte diese Regularien zu Beginn des Workshops (Präsentation als PDF), die als Grundlage der weiteren Diskussion über die unterschiedlichen Verfahren und Methoden zur Qualitätssicherung im Publikationsprozess dienten. So waren sich die Anwesenden einig darüber, dass insbesondere für Zeitschriften, die sich primär an die Scientific Community richten, eine Orientierung an diesen Regularien problemlos möglich erscheint und i.d.R. auch bereits praktiziert wird. Für Zeitschriften, in denen Wissenschaftler/innen für andere Zielgruppen (Lehrer/innen, Trainer/innen, …) schreiben, sind – so ergab die Diskussion – ggf. Modifikationen dieser Regularien angezeigt. Während bspw. der regelmäßige Wechsel in den Herausgebergremien der für Wissenschaftler/innen aufgelegten Zeitschriften als ein wesentliches Qualitätsmerkmal herausgestellt wurde, berichteten Vertreter/innen von Zeitschriften mit zielgruppenspezifischer Anwendungsorientierung über die Problematik, einen solchen Wechsel herbeizuführen.
Interessant war auch die Diskussion zu Fragen der Begutachtung eingereichter Beiträge. Das Peer Review, also die kollegiale Beurteilung und Qualitätskontrolle zur Veröffentlichung anstehender Texte, wird in den meisten Zeitschriften angewendet, allerdings unterscheiden sich die Kriterien des Begutachtungsprozesses und die Ausprägungen der Begutachtung von Zeitschrift zu Zeitschrift – je nach Zielgruppe des Periodikums. "Entscheidend für die Qualität einer Zeitschrift ist der Grad an Transparenz über die Entscheidungsprozesse, die zur Annahme oder Ablehnung eines eingereichten Beitrags führen", so Bernd Strauß in seinem Resümee der angeregten Diskussion. "Wenn die Autoren wissen, wie der Begutachtungsprozess abläuft, gewinnen sie Vertrauen in die Zeitschrift und deren Gremien. Dieses führt zu einer erhöhten Akzeptanz der Zeitschrift. Es werden mehr Beiträge eingereicht und die verbesserte Auswahlbasis steigert die Qualität."
Ein Qualitätsmerkmal wissenschaftlicher Zeitschriften ist der aus Zitationsanalysen ermittelte "impact factor". In der sportwissenschaftlichen Zeitschriftenlandschaft Deutschlands sind derzeit nur vier sportmedizinische Zeitschriften (darunter die "Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin") in den Datenbanken des Institut of Scientific Information, dem sog. "Web of Science", mit einem "impact factor" gelistet. dvs-Geschäftsführer Frederik Borkenhagen berichtete über die Kriterien, die eine Zeitschrift erfüllen muss, um eine Aufnahme zu erreichen (Präsentation als PDF). "Allen Verantwortlichen für eine Zeitschrift und den Verlagen ist zu empfehlen, einen Antrag zur Aufnahme in diese Zitationsdatenbanken zu stellen, sofern die Aufnahmekriterien erfüllt werden. Dies ist bei den meisten sportwissenschaftlichen Fachzeitschriften der Fall. Die Antragsstellung erfordert keinen großen Aufwand; sie kann über ein Internet-Formular erfolgen", so Frederik Borkenhagen. "Die Prüfung des Antrags kann sich allerdings bis zu zwei Jahren hinziehen. Ist man erfolgreich, dauert es mindestens zwei weitere Jahre, bis erstmals ein 'impact factor' berechnet werden kann." Die "Zeitschrift für Sportpsychologie" hat diesen Antrag bereits gestellt; die Zeitschrift "Sportwissenschaft" wird dieses noch im Sommer auf den Weg bringen.
Auf dem Workshop wurden außerdem erste Überlegungen für eine Plattform der dvs für deutschsprachige sportwissenschaftliche Zeitschriften vorgestellt (Präsentation als PDF). dvs-Geschäftsführer Frederik Borkenhagen: "Mit dieser Plattform will die dvs einerseits ihren Mitgliedern Informationen und günstige Bezugsmöglichkeiten qualitätsgeprüfter Zeitschriften anbieten, andererseits diesen Zeitschriften und ihren Verlegern eine verbesserte Wirkung und Vermarktung innerhalb der Sportwissenschaft ermöglichen." Über eine solche Plattform, so zeigte die weitere Diskussion, bieten sich darüber hinaus Chancen für Kooperationsprojekte mehrerer Partner, die einzelne Zeitschriften oder Verlage allein nicht angehen würden, so z.B. die Umsetzung hybrider (print + online) Veröffentlichungsstragien oder die Retro-Digitalisierung von Altbeständen (z.B. durch gemeinsame Antragsstellung bei der DFG).
Digitale Volltexte waren auch eine mögliche Verbindung zu einem Vorhaben, das Siw Waffenschmidt (Zentralbibliothek der Sportwissenschaften, Köln) als zuständige Projektkoordinatorin den anwesenden Verlags- und Zeitschriftenvertretern in Ihrem Kurzvortrag (Präsentation als PDF) vorstellte: Das kurz vor dem Abschluss stehende Projekt "Virtuelle Fachbibliothek Sportwissenschaft" (www.vifasport.de), bei dem mit Förderung der DFG die Institutionen ZB Sport, BISp, IAT, dvs und Friedrich-Ebert-Stiftung zusammenarbeiten, hat sich zum Ziel gesetzt, die verschiedenen sportwissenschaftlichen Informationsbestände in einem frei zugänglichen Internetauftritt zusammenzuführen und eine gemeinsame Recherche über diese Bestände einzurichten. Neben terminologischen Verknüpfungen zur Optimierung der Suche wird für den Nutzer insbesondere dadurch ein Mehrwert geschaffen, wenn bspw. ältere Beiträge aus Zeitschriften als PDF-Volltextdatei über eine Datenbank (z.B. SPOLIT des BISp) an die ViFa Sport angebunden werden. So kann ein Nutzer, der bei seiner Recherche in der ViFa Sport auf diese Artikel verwiesen wird, mit einem weiteren Klick direkt zum digitalen Volltext gelangen. Mit Unterstützung des BISp realisiert derzeit die Universität des Saarlandes für die dvs die Retrodigitalisierung der Jahrgänge 1971-2004 der Zeitschrift "Sportwissenschaft", die dann künftig als frei zugängliche PDF-Dateien über die ViFa Sport erreicht werden können. "Weitere Kooperationsmöglichkeiten mit Verlagen bestehen in der frühzeitigen elektronischen Lieferung von Inhaltsverzeichnissen der Zeitschriften, die dann leicht in das ViFa Sport-Modul Online Contents Sportwissenschaft eingepflegt werden können", so Siw Waffenschmidt, "oder in der Unterstützung von Verlagen bei der Kataloganreicherung des OPAC der ZB Sport durch Coverbilder, Abstracts oder Inhaltsangaben. Hier kooperiert die ZB Sport bereits mit dem Meyer & Meyer Sportverlag."
dvs-Präsident Prof. Dr. Bernd Strauß zog abschließend ein positives Fazit des Workshops: "Dieser Workshop war ein wichtiger Baustein, um die Qualitätssicherung und die Entwicklung der Fachzeitschriften unseres Faches weiter voranzutreiben. Die dvs wird in diesem Feld weiterhin aktiv bleiben und das Gespräch mit den Zeitschriften, ihren Gremien und den Verlagen fortsetzen, um unsere Idee einer Plattform sportwissenschaftlicher Fachzeitschriften weiterzuentwickeln."
Teilnehmer/innen des Workshops waren: Christian Becker (Wiebelsheim; Limpert Verlag), Frederik Borkenhagen (Hamburg; dvs), Dr. Michael Brach (Bonn; Zs. "EURAPA"), Dr. Ulrike Burrmann (Potsdam; Zs. "Sport und Gesellschaft"), Prof. Dr. Klaus Cachay (Bielefeld; Zs. "Sport und Gesellschaft"), Ass.Prof. Dr. Rosa Diketmüller (Wien; Zs. "Spectrum der Sportwissenschaften"), Prof. Dr. Klaus Fischer (Köln; Zs. "motorik"), Birgit Franz (Leipzig; "Zs. für Angewandte Trainingswissenschaft"), Wolfgang Hartmann (Bonn; Bundesinstitut für Sportwissenschaft), Thomas Hecht (Schorndorf; Hofmann Verlag), Dr. Christoph Igel (Saarbrücken; E-Journal "Bewegung und Training"), Dr. Antje Klinge (Gießen; Zs. "sportpädagogik"), Prof. Dr. Michael Krüger (Münster; Zs. "Sportwissenschaft"), Prof. Dr. Jörn Munzert (Gießen; "Zs. für Sportpsychologie"), Klaus Oltmanns (Münster; Philippka Sportverlag), Prof. Dr. Lorenz Peiffer (Hannover; Zs. "SportZeiten"), Dr. Jürgen Schiffer (Köln; Zentralbibliothek der Sportwissenschaften), Prof. Dr. Klaus Schüle (Köln; Zs. "Bewegungstherapie & Gesundheitssport"), Prof. Dr. Bernd Strauß (Münster; dvs) und Siw Waffenschmidt (Köln; Zentralbibliothek der Sportwissenschaften, Projekt ViFa Sport).
Frederik Borkenhagen
11.07.2007