Die Mainzer Sportwissenschaftlerin Prof.in Dr. Helga Letzelter vollendet am kommenden Sonntag, dem 11. September, ihr 80. Lebensjahr. Helga Letzelter hatte bis zu ihrem altersbedingten Ausscheiden von 1977 bis 2005 eine Professur für Trainingswissenschaft und Theorie der Sportspiele am Institut für Sportwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz inne und gehörte damit als eine von ganz wenigen Professorinnen zur Gründungs-Generation der modernen Sportwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland seit Ende der 1960er bis Anfang den 1970er Jahre. Sie ist Mitglied der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft seit 1986 – bis heute.
Helga Letzelter (geb. Krieß) wurde in Madrid geboren und wuchs in Recklinghausen auf, wo ihr leichtathletisches Talent früh entdeckt wurde. Sie startete für den LC Recklinghausen und nahm unter anderem am Olympischen Jugendlager 1960 in Rom teil. Nebenbei spielte sie Handball.
Nach dem Abitur studierte sie Leibeserziehung und Pädagogik an den Universitäten in Münster und Freiburg, wechselte dann nach Mainz, wo sie 1967 das Examen als Diplom-Sportlehrerin bestand und anschließend vier Jahre lang an Gymnasien in Pirmasens und Gießen unterrichtete. Ihr Erstes Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien legte sie 1971 an der Uni Bonn ab und wechselte noch im gleichen Jahr als Lehrkraft für Leichtathletik und Sportspiele an den Fachbereich Sport der Uni Mainz.
Im Jahre 1976 promovierte sie mit „summa cum laude“ in Erziehungswissenschaft mit einer Arbeit über „Die altersbedingte Entwicklung des schnellen Laufens im Grundschulalter“ und wurde 1977 Professorin für Sportwissenschaft, übte dort auch von 1988 bis 1992 als erste Frau eines Mainzer Fachbereichs das Amt der Dekanin aus. Nach ihrer Habilitation 1991 und mehreren (nicht angenommenen) Rufen wurde Helga Letzelter 1994 auf eine sog. C3-Professur übergeleitet.
Zu den größten Erfolgen ihrer sportlichen Karriere mit Vereinszugehörigkeit zum USC Mainz gehören mehrere Deutsche Hochschulmeistertitel im Hochsprung, Hürdenlauf und Fünfkampf, wo sie auch Fünfte bei der Universiade 1967 in Tokio wurde. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) setzte sie mehrfach bei Länderkämpfen ein; 1970 wurde sie Dritte bei den Deutschen Hallenmeisterschaften und stellte bei den Mannschafts-Meisterschaften im Mehrkampf ebenfalls 1970 einen DLV-Rekord auf.
Apropos Hochsprung: Helga Letzelter war 1969 (also wenige Monate nach dem Olympiasieg von Dick Fosbury in Mexico) die erste europäische Flop-Springerin, als sie Zweite bei den Deutschen Hallenmeisterschaften (höhengleich mit der Siegerin Bärbel Sprywald) wurde. Ehemann Manfred (82), als Professor ebenfalls in Mainz Kollege seiner Frau im Bereich Trainingswissenschaft und gleichzeitig damals ihr Trainer sowie mehrfacher Deutscher Meister im Sprint und Hallenweltrekordler über 200m, erinnert sich heute: „Helga hat diese Technik in kürzester Zeit gelernt. Als sie dann den Fosbury-Flop 1969 bei den Hallen-Meisterschaften in Dortmund erstmals gezeigt hat, sorgte das für großes Aufsehen. Sogar die Bild-Zeitung und der kicker interessierten sich plötzlich für diese ungewöhnliche Form des Hochsprungs, die nur ganz wenigen durch die Fernsehbilder aus Mexico bekannt war.“
Ihren runden Geburtstag wird Helga Letzelter im Kreis der Familie feiern. Sohn Stefan (geb. 1971) war selbst 1998 Deutscher Meister über 400m und startete im gleichen Jahr für den DLV bei den Europameisterschaften in Budapest. Damit waren alle drei Letzelters in der Leichtathletik international vertreten – mehr noch: Nach dem Ruf von Stefan als Professor an die H:G Hochschule für Gesundheit und Sport in Berlin waren alle drei Familienmitglieder Hochschullehrer im Fachgebiet Sportwissenschaft … auch das ist ein willkommener Anlass für einen Glückwunsch anlässlich des 80. Geburtstages von Prof. Dr. Helga Letzelter.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann