Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) und die Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) setzen sich für eine zeitgemäße Sportlehrkräftebildung ein, die den gesellschaftlichen Stellenwert des Sports sowie die unterschiedlichen Anforderungen an Sportlehrkräfte und Sportwissenschaftler*innen berücksichtigt. Mit dem Memorandum Schulsport wurden bereits 2019 ausführliche Positionen und Strategien zum Sportunterricht veröffentlicht. Auf der Basis einer gemeinsamen Tagung am 05.-06. Mai 2023 an der Deutschen Sporthochschule Köln haben der DLV, die dvs-Kommission Leichtathletik und die Leichtathletiklehrenden an Universitäten Positionen für die leichtathletische Lehramtsausbildung konkretisiert. Das Ziel der Erklärung ist es, gemeinsame Positionen zu definieren und Ansätze für eine Weiterentwicklung zu generieren, um zukünftige Herausforderungen zu meistern.
„Laufen, Springen, Werfen – Leichtathletik“ als Grundlage
Sport und körperliche Aktivität spielen eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft. Sie fördern nicht nur die Gesundheit und das Wohlbefinden, sondern tragen auch zur sozialen Integration bei. Eine zeitgemäße Sportlehrkräftebildung muss daher sicherstellen, dass die Lehramtsanwärter*innen den Stellenwert von Sport und körperlicher Aktivität für die Gesellschaft verstehen und in der Lage sind, diese Bedeutung auch in ihrem Unterricht zu vermitteln. Dabei wird im Rahmen des Bewegungsfeldes „Laufen, Springen, Werfen – Leichtathletik“ wie in kaum einem anderen an die grundlegenden menschlichen Bewegungsformen angeknüpft. Die damit verbundene Möglichkeit, die Sportart allen Schüler*innen zugänglich zu machen, sollte in ihrer Vielfalt (z. B. Drehwürfe, Mehrfachsprünge etc.) ausgenutzt werden. Als Zubringer für viele Sportarten und Bewegungsfelder besitzt Leichtathletik als eine Grundsportart eine hohe Relevanz und ermöglicht auch Heranwachsenden mit einer Beeinträchtigung eine Vielzahl von Bewegungserfahrungen. Leichtathletik und das Bewegungsfeld Lau-fen, Springen, Werfen sollten somit in ihrer gesamten Breite feste Bestandteile des Sportunterrichts sein.
Differenzierung in der universitären Ausbildung
Sportlehrkräfte und Sportwissenschaftler*innen haben unterschiedliche Aufgaben und sind mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Dabei sind Sportlehrkräfte vor allem für die Vermittlung von sportlichen Fähigkeiten und Kenntnissen sowie eine Erziehung zum und durch Sport zuständig. Eine zeitgemäße Sportlehrkräftebildung muss daher sicherstellen, dass die spezifischen Anforderungen des zukünftigen Berufsfeldes adäquat adressiert, aber auch vertiefte sportwissenschaftliche Erkenntnisse und Kompetenzen vermittelt werden. Dies ist nur möglich, wenn leichtathletische Inhalte für alle Studiengänge verpflichtend unterrichtet werden, ein Mindestmaß an (Zeit)Umfang zur Verfügung gestellt wird und schulformspezifische Veranstaltungen etabliert werden. Eigenständige Veranstaltungen für das Bewegungsfeld Laufen, Springen, Werfen in der Grundschule haben den Vorteil, dass die kindgerechten Übungs- und Wettbewerbsformen vermittelt werden können und damit Inhalte in der Sekundarstufe im Sinne eines Spiralcurriculums darauf aufbauen.
Interdisziplinäre Ausbildung
Eine zeitgemäße Sportlehrkräftebildung muss sowohl Fachwissen als auch Fachdidaktik sowie Sozialkompetenz vermitteln. Lehrkräfte sollten in der Lage sein, den Unterricht fachlich fundiert zu gestalten und gleichzeitig eine gute Beziehung zu ihren Schüler*innen aufzubauen. Eine zeitgemäße Sportlehrkräftebildung sollte daher interdisziplinär angelegt sein und eine breite Palette an Fachgebieten umfassen. Durch die Thematisierung von fachwissenschaftlichen Inhalten in den leichtathletischen Lehrveranstaltungen kann eine Verknüpfung von Theorie und Praxis effektiv genutzt werden.
Sportpraktische Ausbildung
Die Sportlehrkräftebildung muss ausreichend Gelegenheit geben, erworbene Fähigkeiten und Kenntnisse in realen Umgebungen zu erproben. Die Zusammenarbeit mit Schulen und Sportvereinen ist eine wichtige Möglichkeit, damit Lehramtsanwärter*innen praktische Erfahrungen sammeln und gleichzeitig wertvolle Beziehungen zu diesen Institutionen aufbauen können, beispielsweise durch die gemeinsame Organisation von Leichtathletik-Wettkämpfen (z. B. Jugend trainiert für Olympia) und Sportfesten. Weiterhin gehört dazu insbesondere auch die sportpraktische Vermittlung zur Verbesserung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, da eigenes Training im Rahmen der sportpraktischen Ausbildung als didaktische Methode die Aneignung theoretischer Kenntnisse in einem anderen Rahmen und Maße positiv beeinflussen kann. Im Sportunterricht der Zukunft kann der Einsatz von digitalen Medien eine Chance für die Erweiterung der Bewegungsanalyse und des Spektrums an Methoden und Lernmaterial sein, jedoch sollte dies nicht zu Abstrichen in der Bewegungszeit führen.
Nutzen von Expertise durch Beteiligung
Um eine zeitgemäße Sportlehrkräftebildung zu unterstützen, wünschen sich der DLV, die dvs-Kommission Leichtathletik sowie die Fachleiter*innen in der Leichtathletik der Universitäten zukünftig die Möglichkeit, gemeinsam an Prozessen der Lehrplanentwicklung und Weiterbildung von Lehrkräften beteiligt zu werden. Dadurch kann die Expertise von allen genutzt werden und wichtige Impulse aus der Kinder- und Jugendleichtathletik können schneller in die Schulpraxis transferiert werden.