Die Bundesregierung hat am 13. Dezember 2022 in Berlin einen Bewegungsgipfel abgehalten. Hierzu kamen neun Bundesressorts, Länder, Kommunen und Verbände wie der Deutsche Olympische Sportbund mit dem Ziel zusammen, in Deutschland die Rahmenbedingungen für Bewegung und Sport zu verbessern. Am Vormittag fand der offizielle Teil mit den Vertreter*innen der Bundesministerien, kommunalen Spitzenverbänden, Fachministerkonferenzen sowie dem Vorsitzenden des Sportausschuss des Deutschen Bundestages, dem DOSB und der dsj statt. In einer gemeinsamen Gipfelerklärung verpflichten sich alle Beteiligten zu konkreten Maßnahmen, um Bewegung und Sport für Bürger*innen einfacher zugänglich zu machen – unabhängig von Wohnort, Herkunft, Geschlecht, Alter, finanziellen Möglichkeiten und individuellen körperlichen und geistigen Fähigkeiten.
Am Nachmittag fand unter Beteiligung des dvs-Präsidiums und des FSW-Vorstands die Auftaktveranstaltung „Entwicklungsplan Sport“ am selben Ort statt. Herr Dr. Rülke (Abteilungsleiter Sport im BMI) begrüßte als Gastgeber alle Teilnehmer*innen. Im Anschluss wurden fünf Impulsvorträge gehalten, die sich an den verschiedenen Arbeitssträngen des Entwicklungsplans Sport orientieren.
• Prof. Dr. Robin Kähler, Vorstand in der IAKS und Mitglied des Sprecherrats der dvs-Kommission „Sport und Raum“
• Prof. Dr. Sebastian Braun (Humboldt Universität Berlin), Themenschwerpunkte im Bereich sozialwissenschaftliche Analysen zum Sport, bürgerschaftliches Engagement und Zivilgesellschaft
• Prof. Dr. Nils Neuber (WWU Münster), Themenschwerpunkte im Bereich Bildungs- und Unterrichtsforschung im Sport sowie Bewegung im Ganztag
• Verena Bentele, DOSB-Vizepräsidentin und VdK-Präsidentin
• Jan Holze, Gründungs-Vorstand der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt
Das BMI hat nun aufgerufen sich an fünf Arbeitsgruppen zu beteiligen, dem die dvs und der FSW folgen werden. Wir werden uns mit unseren Expertisen für die Gruppen „Sichtbarkeit des Sports“, „Stärkung des Ehrenamts“, „Gesellschaftliche Kraft des Sports“, „Sportstätten, Umwelt, Infrastruktur“ sowie „Freude an Sport und Bewegung früh verankern“ melden. Zusätzlich gibt es noch den Runden Tisch „Bewegung und Gesundheit“ des Bundesgesundheitsministeriums, der die gesundheitlichen Aspekte von Bewegung behandelt und seine Arbeit bereits aufgenommen hat.
Ansgar Schwirtz im Gespräch mit Maximilian Rieger | 11.12.2022 | DLF
Hoffnung auf einen „großen Entwurf“ für den Sport
Der Bewegungsgipfel in Berlin soll einen Impuls geben, um Sport und Bewegung in Deutschland zu fördern. Man könne die Probleme in 90 Minuten zwar nicht lösen, aber politische Maßnahmen anstoßen, sagt der Sportwissenschaftler Ansgar Schwirtz im Dlf. Corona könnte dabei helfen.
Bewegungsgipfel der Bundesregierung
Vertreterinnen und Vertreter von zehn Bundesministerien, von der Gesundheits-, Sport- und Kultusministerkonferenz, vom DOSB und von kommunalen Spitzenverbänden – die Liste der Teilnehmer am Bewegungsgipfel am 13. Dezember ist umfangreich.
Der Gipfel selbst wird 90 Minuten dauern, unter anderem werden Innenministerin Nancy Faeser und Gesundheitsminister Karl Lauterbach sprechen. Das Ziel: ein gemeinsamer Impuls, um Sport und Bewegung in Deutschland zu fördern.
Ansgar Schwirtz, Professor für Biomechanik im Sport an der TU München, ist zuversichtlich, dass dies klappen wird. „90 Minuten reichen nicht, um das Problem zu bewältigen, aber es reichen 90 Minuten, um das Problem anzustoßen und anzunehmen“, so der Präsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft.
Die Politik habe die Wirksamkeit von Sport unterschätzt
Der Gipfel solle dazu dienen, die Expertise aus den verschiedenen Institutionen zu bündeln und daraus Kraft zu schöpfen. In den nächsten Monaten solle dann ein Entwicklungsplan Sport entstehen.
Die Politik habe bisher die Wirksamkeit des Sports unterschätzt, findet Schwirtz. Verschiedene Ministerien seien für Leistungssport, Gesundheitssport und Breitensport zuständig, dadurch gehe bisher viel Kraft verloren:
„Wenn man jetzt an einem Strang zieht, weil alle Themen sich gegenseitig bedingen, und wenn dann auch die Sportwissenschaft mit einbezogen wird, dann glaube ich, könnte es ein großer Wurf werden, der ja auch vom DOSB im Entwicklungsplan mit seinen Grundzügen vorgestellt worden ist. Dass die verschiedenen Probleme, die wir im Sport haben – seien es Sportanlagen, sei es Klima, sei es Sichtbarkeit und andere Probleme – letzendlich wirklich angefasst werden, und zwar gemeinsam.“
„Nicht immer den Schwarzen Peter weiterschieben“
Konkret hofft Schwirtz darauf, dass Sportstätten so ausgebaut oder erhalten werden, dass sie für den Sport nutzbar sind. Er wünscht sich zudem, dass Turnhallen nicht langfristig als Unterkunft für Geflüchtete genutzt werden und dass der Breitensport sichtbarer wird. Man müsse zum Beispiel dafür sorgen, dass Sportanlagen nicht nur für den Leistungssport, sondern auch für Breiten- und Gesundheitssport genutzt würden.
„Wenn wir gemeinsam daran arbeiten mit allen Komponenten der Sportwissenschaft, des DOSB und der verschiedenen Ministerien, dann sollte das eigentlich gelingen, dass man gemeinsam das Problem anpackt und nicht immer den Schwarzen Peter weiter schiebt“, hofft Schwirtz.
„Das war in früherer Zeit öfter der Fall, dass man dann gesagt hat: ‚Okay, mein Ministerium ist nicht dafür zuständig, dass ist das andere Ministerium.‘ Und dann werden Gelder relativ lange beantragt, bis sie dann erfolgreich eingesetzt werden können.“
„Aus der Coronakrise Kraft schöpfen“
Das politische Signal des Bewegungsgipfels solle dazu führen, Sport und Bewegung stärker in die Gesellschaft zu tragen. Man müsse versuchen, die Menschen in die Vereine zu bekommen oder zum Beispiel im Ganztagsschulbetrieb den Sport zu integrieren.
Schwirtz ist optimistisch, dass es nicht nur bei Appellen bleibt, sondern es konkrete Maßnahmen geben werde. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie wichtig Bewegung sei. Der frühe Verzicht auf Sport sei ein Fehler gewesen. „Insofern glaube ich, dass aus der Krise so eine Kraft geschöpft werden kann.“
Die Aufgabenteilung, Spitzensport von der Bundespolitik und Breitensport von den Ländern bearbeiten zu lassen, bedürfe einer grundsätzlichen Diskussion, findet Schwirtz:
„Ob man es dann sinnvollerweise komplett dem Bund oder komplett dem Land gibt, um nur eine Stelle zu haben, das ist gar nicht die Botschaft. Sondern es ist eher die Botschaft, dass man zusammenarbeiten sollte und vielleicht wie eine Agentur für Breitensport gründet, in der solche Dinge koordiniert werden.“ Solche Themen sollten nach dem öffentlichen Teil des Gipfels in Arbeitsgruppen angesprochen werden.
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/schwirtz-100.html , DLF, 11.12.2022