Der Kieler Sportwissenschaftler Prof. Dr. Dr. h. c. Herbert Haag M.S. hat am 6. Januar 2017 sein 80. Lebensjahr vollendet. Der in München geborene und in Wangen im Allgäu aufgewachsene Sportpädagoge war von 1974 bis zu seiner Emeritierung 2002 als Professor und Direktor am Institut für Sport und Sportwissenschaften (heute Institut für Sportwissenschaft) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel tätig. Von 1991 bis 1994 ließ er sich davon beurlauben, um als Gründungsdirektor das Deutsche Olympische Institut in Berlin aufzubauen, das auf eine Initiative des (damaligen) Nationalen Olympischen Komitees und dessen Präsidenten Willi Daume zurückging und als Vorläufereinrichtung der heutigen Deutschen Olympischen Akademie firmiert.
Herbert Haag schloss 1959 sein Studium als Diplom-Sportlehrer an der Deutschen Sporthochschule in Köln ab und begann ein zweites Studium an der Universität Tübingen, wo er das I. Staatsexamen in den Fächern Geschichte, Politik und Erziehungswissenschaften ablegte. Im Rahmen eines Auslandsaufenthaltes an der University of Washington in Seattle (USA) erlangte er den Titel Master of Science (M.S.) in Physical Education. Danach legte er das II. Staatsexamen für das Lehramt Gymnasium ab und wurde Assistent und Akademischer Rat an der Universität Tübingen, wo er bei Prof. Ommo Grupe zum Dr. phil. promovierte. Ein Jahr danach erhielt er bereits einen Ruf als Professor für Sportpädagogik an die Universität Gießen. Seine Arbeitsschwerpunkte neben der Sportpädagogik sind bis heute u.a. die Sportphilosophie, die Sportgeschichte sowie die Forschungsmethodologie der Sportwissenschaft.
Herbert Haag verfügt über ein imposantes Opus an Publikationen mit über 20 Büchern, die er entweder selbst verfasst hat oder an denen er als Herausgeber beteiligt ist. Exemplarisch sei an die „Einführung in das Studium der Sportwissenschaft“ (Schorndorf 1991) und an das „Handbuch Sportpädagogik (Schorndorf 2001, herausgegeben zusammen mit Albrecht Hummel) erinnert. Herbert Haag verdanken wir aber auch die Herausgabe mehrerer Buchreihen im renommierten Schorndorfer Verlag Hofmann (u.a. die Schrif-tenreihe „Praxisideen“ und die „Schriftenreihe für Bewegung, Spiel und Sport“); darüber hinaus war er u. a. mehrere Jahrzehnte Leiter des Redaktionsausschusses für die Reihe „Beiträge zur Lehre und Forschung im Sport“ und hat so in vielfältiger Hinsicht die Konzeption und Etablierung der Buchproduktion zu aktuellen sportwissenschaftlichen Themen wesentlich mitbestimmt und gefördert.
Das akademische Wirken von Herbert Haag ist stets bestimmt vom Theorie-Praxis-Bezug sowohl im Bereich der Lehre mit Studierenden als auch im Transfer von Forschungsergebnissen. Herbert Haag gehört zu jenen Kollegen, die sich während ihrer Berufslaufbahn auf verschiedenen Feldern für eine internationale Ausrichtung der Sportwissenschaft engagieren – Herbert Haag hat diese Tätigkeiten nach seiner Emeritierung sogar noch verstärkt u. a. mit Projekten der sportwissenschaftlichen Entwicklungsarbeit u.a. in Südamerika und Afrika. So wurde an der Technischen Universität Tshwane in Pretoria (Südafrika), wo er als Honorarprofessor tätig ist, im Jahre 2008 „The Herbert Haag Sport Information Centre“ nach ihm benannt. Ferner hat er bis heute unterschiedliche Funktionen im Weltrat für Sportwissenschaft und Leibes-/Körpererziehung (ICSSPE) inne: „Herbert Haag hat vor allem mit seinem unverwechselbaren Engagement als Netzwerker zum internationalen Ausbau der Sportwissenschaft beigetragen, von dem die nachfolgende Generationen profitieren können. Dafür möchte ich ihm an dieser Stelle ausdrücklich Dank sagen“, gratuliert die Vizepräsidentin für Olympische Erziehung und Bildung im Deutschen Olympischen Sportbund und Ehrenpräsidentin des Weltrates ICSSPE, Prof. Gudrun Doll-Tepper.
Herbert Haag war von 1972 bis 1976 Vorsitzender des Bundesverbandes Deutsche Leibeserzieher (BVDL) und sorgte bereits kurz nach seinem Amtsantritt für die (moderne) Namensumwandlung in den heutigen Deutschen Sportlehrerverband (DSLV); viele Jahre später entwickelte er ein Konzept für eine personelle Neustrukturierung des Verbandes. Nach der Wende gehörte Haag beim Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst der Gründungskommission für die neue Sportwissenschaftliche Fakultät an der Universität Leipzig an (zu DDR-Zeiten: Deutsche Hochschule für Körperkultur). Anlässlich seines 65. Geburtstages wurde ihm dort die Ehrendoktorwürde verliehen. Seine Kieler Assistenten und Mitarbeiter würdigten den Jubilar anlässlich seiner Emeritierung mit einer Schrift „sport-goes-media.de. Zur Medialisierung des Sports“ (Schorndorf 2002) und erneut zu seinem 70. Geburtstag mit einem weiteren Band mit dem Titel „Die Vielfalt der Sportwissenschaft“ (Schorndorf 2007), worin jeweils Kollegen und aka-demischen Wegbegleiter von Herbert Haag mit Beiträgen vertreten sind. Herbert Haag ist auch mit 80 Jahren arbeitsam und sportaktiv – sei es beim Schwimmen und Skifahren oder auf der Tribüne bei den Handballern des THW Kiel. Selbst seiner Heimat im Allgäu bleibt er dabei treu – nicht nur, aber auch über die von ihm gegründete Skischule des SV Falken Wangen.
dvs-Gründungspräsident Prof. Andreas Trebels ist 80 Jahre alt geworden
Der Gründungspräsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs), Prof. Dr. Andreas Heinrich Trebels vollendete am 9. Januar 2017 ebenfalls sein 80. Lebensjahr. Der Jubilar lehrte und forschte von 1974 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2002 am Institut für Sportwissenschaft der Universität Hannover. Davor war er an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und seit 1971 als Professor an der Universität Mainz tätig. Seine Arbeitsschwerpunkte als Sportpädagoge waren u.a. das dialogische Bewegungskonzept, die Etablierung von Leistungskursen des Schulfaches Sport in der gymnasialen Oberstufe, Geschlechterrollen im Sport sowie die Stellung der Sportpädagogik innerhalb der Sportwissenschaft. Prof. Trebels, der im Jahre 1997 auch Mitbegründer und über Jahrzehente Mitherausgeber der Fachzeitschrift „sportpädagogik“ (Friedrich Verlag Seelze) war, unterrichtete selbst auch im Bereich von Theorie und Praxis der Sportarten: Generationen von Sportstudierenden lernten bei ihm u.a. das vielseitige Bewegen an Geräten bzw. Gerätturnen.
Andreas H. Trebels hatte als Gründungspräsident der dvs eine nicht ganz einfache Aufgabe, die in (hochschul-) politisch bewegten 1970er Jahren bestehenden Standes- bzw. Interessengruppen innerhalb der Sportwissenschaft unter dem neuen Dach der dvs neu zusammenzuführen, nachdem sich die bis dahin ausschließlich mit Professoren besetzte Arbeitsgemeinschaft der Institutsdirektoren (AID) zugunsten der Arbeitsgemeinschaft sportwissenschaftlicher Hochschuleinrichtungen (ASH) aufgelöst hatte. Diese wiederum blieb durch zunehmende Interessenkonflikte so gut wie arbeitsunfähig; hinzu kamen noch die Kolleginnen und Kollegen der Pädagogischen Hochschulen, die als Fachgruppe Leibeserziehung (FLPH) ebenso in die neue dvs integriert werden mussten. Andreas H. Trebels gelang es mit seinem Engagement an der Spitze eines sog. vorbereitenden Ausschusses und nicht zuletzt auch dank seiner ausgleichenden Diplomatie, der Sportwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland erstmals ein auch öffentlich wahrnehmbares Gesicht als Personenvereinigung über alle akademischen Statusgruppen hinweg zu geben.
Gegründet wurde die dvs am 6. Oktober 1976 im Hofbrauhaus in München; zu ihrem 40. Geburtstag hatte das amtierende dvs-Präsidium im Herbst dieses Jahres in der Vertretung des Freistaates Bayern beim Bund in Berlin (Behrensstraße) eingeladen. Schon ein Jahr nach Gründung der dvs wurde in Göttingen unter der Regie von Präsident Prof. Trebels und seinem dreiköpfigen Vorstand mit Prof. Heinz Denk (Bonn), Prof. Heinz Hahmann (Mainz) und Dirk Scheel (Frankfurt) sowie Schtzmeister Dr. Herbert Karl (Clausthal-Zellerfeld, später Mannheim) der erste dvs-Hochschultag zu dem Thema „Sportwissenschaft auf dem Weg zur Praxis“ veranstaltet; ein zweiter folgte 1978 in Heidelberg mit dem Titel „Sportwissenschaftliche Forschung als Praxisproblem“. Später wurde vereinbart, die dvs-Hochschultage nur noch alle zwei Jahre auszuschreiben; der mittlerweile 23. findet Mitte September 2017 in München statt; hier wird es um „Innovation und Technologie im Sport“ gehen.
Prof. Trebels wurde als Präsident der dvs seinerzeit in der Geschäftsführung der Vereinigung (ehrenamtlich) unterstützt von seinem Hannoveraner Kollegen, dem renommierten Sportsoziologen und späteren Ethikpreisträger des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Prof. Gunter A. Pilz. Trebels selbst gab sein Amt 1979 ab; ihm folgte Prof. Klaus Willimczik (Darmstadt, später Bielefeld), der bis 1985 die dvs leitete, deren Mitgliederbestand in der Gründungszeit rasch auf rund 200 wuchs; heute im 40. Jubiläumsjahr 2016 sind es knapp 1000 Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftler, die Mitglied in der dvs sind, die im DOSB zu der Gruppe der Verbände mit besonderen Aufgaben gehört.
Texte: Prof. Detlef Kuhlmann