Rough girls? Körperkonstruktionen und kulturelle Praktiken im "FrauenFußball"
Tagung der dvs-Kommission "Geschlechterforschung" und der Sektion "Soziologie des Körpers und des Sports" in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (dgs)
19.-21.?Mai?2011 in Freiburg
Frauenfußball war lange Zeit ein randständiges Thema und Forschungsgebiet.? Das zunehmende öffentliche Interesse und sicher auch die Austragung der Fußballweltmeisterschaft der Frauen in Deutschland 2011 haben zur intensiveren Auseinandersetzung mit dieser Thematik auf der Ebene des Sports (Deutscher Fußballverband) als auch auf der wissenschaftlichen Ebene Geschlechterforschung/ Soziologie des Sports etc.) geführt. Auf dieser Tagung wollen wir die kulturellen Gegebenheiten und Wandlungsprozesse sowie die strukturellen Bedingungen des Frauenfußballs in den Fokus stellen.
Sportaktivitäten sind immer mit der Produktion, Darstellung und Inszenierung des Körpers und seiner Geschlechtlichkeit verbunden. Diese sind von kulturellem Wissen, Wissensordnungen, Wahrnehmungen und Beurteilungen nicht zu trennen, so dass sich in Sportspielen wie im Fußball "Kultur in Aktion" beobachten lässt.
Wenn man bedenkt, dass der Fußballsport, da er zum Kern nationaler Sporträume zählt, ein männliches Territorium darstellt, stellt sich die Frage,? inwiefern mit der Partizipation von Frauen Fußball als Aufführungsort von? Männlichkeit verändert wird. Denn die seit den 90er Jahren festzustellende, zunehmende Präsenz von Mädchen und Frauen in der Welt des Fußballs bezieht sich nicht nur auf die aktive Beteiligung von Spielerinnen und? Schiedsrichterinnen auf dem Rasen. Sie bezieht sich vor allem auch auf das Fußballpublikum in den Stadien, an den Fernsehbildschirmen und auf die vielfältige Fankultur.
Aus dieser Tatsache stellt sich eine weitere Frage, nämlich ob und in welcher Weise Fußballspielerinnen, Schiedsrichterinnen und jubelnde Frauen-Fangruppen traditionelle Geschlechterkonstruktionen umformen. Die? insbesondere auf dem Spielfeld gezeigten Körperpraktiken fordern - so scheint es zumindest - stereotype Vorstellungen über weibliche Körper und deren Leistungsfähigkeit heraus. An die Stelle des empfindsamen, sich selbst zurücknehmenden Körpers, der Sorge um die ästhetische Erscheinung, tritt, zunächst auf dem Platz, der Kampf: der Kampf um den Ball und damit Härte und Aggressivität.
Ausgehend von der Annahme, dass über Praktiken soziale Strukturen in den Körper eingeschrieben werden, d. h. dass sich durch Trainieren und Einschleifen feldbezogener Bewegungen Schemata und Gewohnheiten des Wahrnehmens, Erkennens und Bewertens ausbilden, die wiederum im praktischen Vollzug zur Aufführung kommen, lassen sich mit Blick auf das Thema der Tagung drei zentrale Fragekomplexe formulieren:
Der erste bezieht sich auf die von Frauen im Kontext des Fußballsports gezeigten Körperpraktiken. Hier lassen sich kulturtheoretische und ethnomethodologisch orientierte Fragen formulieren, die das Geschehen auf dem Platz in den Blick nehmen.Welche Praktiken lassen sich beobachten, wie lassen sie sich beschreiben und wie sind sie vergeschlechtlicht?
Zweitens sind die aufgeführten Körperordnungen nicht losgelöst von den Strukturen zu betrachten, in die sie eingebunden sind. Eine Analyse der strukturellen Bedingungen ist auch im internationalen Vergleich interessant: Welche Chancen und Hindernisse existieren für Spielerinnen, ihre beruflichen Tätigkeiten mit Fußballtraining und Wettkampfbetrieb zu vereinbaren, wie ist die finanzielle Ausstattung geregelt, welche Abhängigkeiten existieren? Ebenso spielen die Ausbildungs- und Positionierungschancen für Trainerinnen und Schiedsrichterinnen im Fußballverband eine Rolle.
Der dritte Fragenkomplex wiederum rückt die Repräsentation von bzw. die Kommunikation über Frauen im Fußball in den Mittelpunkt des Interesses. Wer kommuniziert wie über Fußballspielerinnen, über ihr Aussehen, über ihre?Leistungen? Wie werden Torhüterinnen, Spielerinnen und Frauen-Fanclubs in den Medien dargestellt und kommentiert? Welche Botschaften transportieren Filme oder Literatur über Frauenfußball, welche Identifikationsangebote stellen sie bereit? Inwiefern spielt Nationalität, auch im internationalen Vergleich, eine Rolle?
Demnach sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Körperkonstruktionen:
- Performativität und Geschlecht
- (internalisierte) Körperbilder und Körperordnungen, Stereotypisierungen
- (Homo-)Sexualität und Trans-/Intersexualität
- Sexismus im Fußball
Institution/Organisation:
- Frauenfußball international/im internationalen Vergleich
- Historische Entwicklung des Frauenfußballs
- Frauenfußball im DFB
- Frauenfußball in männerdominierten Fußballvereinen/in Frauenclubs
- Fußball für Mädchen in Schule und Verein
Medien und Kultur:
- Fankulturen
- Sportberichterstattung im Frauenfußball in den Printmedien/Fernsehen
- Frauenfußball im Film
- Frauenfußball in der Literatur
- Identifikation und Nationalität
- Frauenfußball als Kampf um Gleichberechtigung (z. B. im Iran oder Palästina
etc.)
Für Hauptvorträge konnten folgende wissenschaftliche Expertinnen gewonnen werden:
- Prof. Dr. Gertrud Pfister, Professorin für Sportsoziologie an der Universität Kopenhagen
- Prof. Dr. Eva Kreisky, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Wien
- Marianne Meier, Projektleiterin für "Gender und Sport im Entwicklungskontext mit besonderem Fokus auf Fußball" in der Swiss Academy for Developement
Die Einreichung der Abstracts (max. eine Din-A-4-Seite) sollte bis zum 31.01.2011 erfolgen. Die Benachrichtigung über die Akzeptanz erhalten Sie bis zum 28.02.2011.
Die Abstracts bitte an eine der beiden Kontaktadressen senden:
Kontakt:
Prof. Dr. Gabriele Sobiech
Pädagogische Hochschule Freiburg
Institut für Sportpädagogik und Sport
Schwarzwaldstr. 175
79117 Freiburg
Tel.: (0761) 203-4574/-4573
Fax: (0761) 203-4578
E-Mail: sobiech[at]ph-freiburg.de
Dr. Andrea Ochsner
Department of English
University of Basel
Nadelberg 6
CH-4051 Basel
E-Mail: Andrea.Ochsner[at]unibas.ch