Der Gründungspräsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs), Prof. Dr. Andreas Heinrich Trebels, ist im Alter von 84 Jahren an seinem Wohnort in Ronnenberg in der Region Hannover verstorben.
Der Sportpädagoge lehrte und forschte von 1974 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2002 am Institut für Sportwissenschaft der Leibniz Universität Hannover. Davor war er an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und seit 1971 als Professor an der Universität Mainz tätig. Trebels gehörte damals zu den ersten Hochschullehrern in der Bundesrepublik Deutschland im Fachgebiet Sportpädagogik (nicht Leibeserziehung).
Seine Arbeitsschwerpunkte als Sportpädagoge waren u.a. das dialogische Bewegungskonzept, die Etablierung von Leistungskursen des Schulfaches Sport in der gymnasialen Oberstufe, Geschlechterrollen im Sport sowie die Stellung der Sportpädagogik innerhalb der Sportwissenschaft. Trebels, der im Jahre 1997 auch Mitbegründer und über Jahrzehnte Mitherausgeber der renommierten Fachzeitschrift „sportpädagogik“ (Friedrich Verlag, damals Seelze, jetzt Hannover) war, unterrichtete selbst auch im Bereich von Theorie und Praxis der Sportarten.
Generationen von Sportstudierenden lernten bei ihm u.a. das vielseitige Bewegen an Geräten bzw. Gerätturnen und erlebten den akademischen Lehrer bei Ski-Exkursionen: „Gleich an meinem ersten Studientag hatte ich bei Herrn Trebels eine Vorlesung zur Einführung in die Sportpädagogik. Er hat meinen Weg im Sport und meinen Blick auf den Sport und insbesondere auf die Sportpädagogik entscheidend mitgeprägt“, erinnert sich Reinhard Rawe, der heutige Vorstandsvorsitzende des Landessportbundes Niedersachsen, der von 1978 bis 1983 die Fächer Deutsch, Politik und Sport an der Universität Hannover studierte.
Andreas H. Trebels hatte als Gründungspräsident der dvs eine nicht ganz einfache Aufgabe, die in (hochschul-)politisch bewegten 1970er Jahren bestehenden Standes- bzw. Interessengruppen unter dem zukünftigen Dach der dvs neu zusammenzuführen, nachdem sich die bis dahin ausschließlich mit Professoren besetzte Arbeitsgemeinschaft der Institutsdirektoren (AID) zugunsten der Arbeitsgemeinschaft sportwissenschaftlicher Hochschuleinrichtungen (ASH) aufgelöst hatte. Diese Gruppierung wiederum blieb durch die zunehmenden Interessenkonflikte so gut wie arbeitsunfähig; hinzu kamen ferner die Kolleginnen und Kollegen der damals noch zahlreichen Pädagogischen Hochschulen, die als Fachgruppe Leibeserziehung (FLPH) ebenso in die neue dvs integriert werden mussten.
Andreas H. Trebels gelang es mit seinem Engagement an der Spitze eines sog. vorbereitenden Ausschusses und nicht zuletzt auch dank seiner ausgleichenden Diplomatie, der Sportwissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland erstmals ein auch öffentlich wahrnehmbares Gesicht als Personenvereinigung über alle akademischen Statusgruppen hinweg zu geben: „In einer Offenheit und Zielstrebigkeit, wie sie in der Geschichte der Wissenschaft und von Sportorganisationen nur selten zu finden ist, hat Trebels nach einer Konzeption für die dvs gesucht, die der Vielfältigkeit der Sportwissenschaft und ihrer Mitglieder einerseits Rechnung trägt und die andererseits zu einem allgemein anerkannten Selbstverständnis führen kann. Auf dieser Grundlage konnte später u.a. die Strukturierung der dvs in Sektionen und Kommissionen durchgeführt werden,“ würdigt Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Willimczik (Darmstadt), ab 1979 sein Nachfolger als Präsident und heute Ehrenmitglied der dvs, die Verdienste des Verstorbenen um die Institutionalisierung der Sportwissenschaft in (West-)Deutschland.
Als im Juni 1987 in der Regie des dann amtierenden dvs-Präsidenten Prof. Dr. Dietrich Kurz am Zentrum für Interdisziplinäre Forschung (ZIF) der Universität Bielefeld die Sektion Sportpädagogik der dvs gegründet wurde, zählte Andreas Trebels zu den rund 60 Gründungmitgliedern und war bei der Fachtagung zum Thema „Forschungskonzepte in der Sportpädagogik“ selbst mit einem Vortrag zur „Evaluation von Unterrichts-Materialien mit interpretativen Verfahren“ vertreten.
Die dvs wurde am 6. Oktober 1976 im Hofbrauhaus in München gegründet. Schon ein Jahr nach ihrer Gründung wurde in Göttingen unter der Regie von Präsident Trebels und seinem dreiköpfigen Vorstand mit Prof. Dr. Heinz Denk (Bonn), Prof. Dr. Heinz Hahmann (Mainz) und Dirk Scheel (Frankfurt) der erste dvs-Hochschultag zum Thema „Sportwissenschaft auf dem Weg zur Praxis“ veranstaltet; ein zweiter folgte 1978 in Heidelberg mit dem Titel „Sportwissenschaftliche Forschung als Praxisproblem“. Später entschied man sich, die dvs-Hochschultage nur noch alle zwei Jahre jeweils im Herbst auszuschreiben; der mittlerweile 25. findet bedingt durch die Pandemie entgegen diesem Rhythmus erst im März nächsten Jahres in Kiel – dann ohne seinen Gründungspräsidenten Trebels – statt.
Während seiner dreijährigen Amtszeit bis 1979 wurde Prof. Trebels in der Geschäftsführung der Vereinigung (ehrenamtlich) unterstützt von seinem Hannoveraner Kollegen, dem Sportsoziologen, Fanforscher und späteren Ethikpreisträger des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Prof. Dr. Gunter A. Pilz. Trebels selbst gab sein Amt 1979 bei der Mitgliederversammlung in Heidelberg ab und hatte bis dahin u.a. mit der Förderung des sportwissenschaftlichen Nachwuchses und der Weiterentwicklung der Strukturen sportwissenschaftlicher Einrichtungen zwei bis heute wichtige wissenschaftspolitische Akzente in seiner Präsidiumsarbeit gesetzt.
Dem Gründungspräsidenten Trebels folgten bis heute mit Prof. Dr. Dorothee Alfermann (Uni Leipzig) eine Präsidentin und weitere neun Präsidenten (aktuell: Prof. Dr. Ansgar Schwirtz, TU München). In der Gründungszeit wuchs die dvs rasch auf rund 200 Mitglieder; heute gehören der Vereinigung rund 1000 Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftler an. Die dvs gehört als Mitgliedsorganisation im Deutschen Olympischen Sportbund zu der Gruppe der Verbände mit besonderen Aufgaben. Für seine Verdienste in der dvs wurde Andreas H. Trebels im Jahre 2005 mit der Goldenen Ehrennadel der dvs ausgezeichnet.
Wie seine Familie jetzt mitteilte, ist er bereits am 27. Juli 2021 verstorben und im kleinen Kreis beigesetzt worden.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann
Der Autor war von 1985 bis 1989 dvs-Geschäftsführer (unter der Präsidentschaft von Prof. Dr. Dietrich Kurz in Bielefeld) und trat ab 2004 (in Vertretung) sowie ab 2006 (ordentlich) die Nachfolge auf der Professur von Andreas H. Trebels in Hannover an.