Er ist Gründungsmitglied und Ehrenmitglied der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) und er hat wie kein anderer die dvs und das Fach Sportwissenschaft von den Anfängen bis heute gestaltet und geprägt: Der renommierte Sportwissenschaftler und erfolgreiche Leistungssportler Prof. Dr. Dr. h. c. Klaus Willimczik vollendet am Mittwoch, dem 23. April 2025, sein 85. Lebensjahr. Klaus Willimczik war von 1979 bis 1985 zweiter Präsident der dvs als Nachfolger von Prof. Dr. Andreas H. Trebels (1937-2021) von der Leibniz Universität Hannover.
Klaus Willimczik gab das höchste Amt in der dvs an seinen Bielefelder Kollegen Prof. Dr. Dietrich Kurz (1942-2023) ab. Mit ihm hatte er gemeinsam die 1980 gegründete Abteilung für Sportwissenschaft an der dortigen Universität zu einem der angesehensten Standorte in der Bundesrepublik aufgebaut. Die vierjährige Amtszeit von Klaus Willimczik als dvs-Präsident wird bis heute mit der Ausdifferenzierung der dvs in Sektionen und Kommissionen als Zeichen einer interdisziplinären Sportwissenschaft ebenso in Verbindung gebracht wie seine wissenschaftspolitischen Verdienste zu würdigen sind (z.B. in Richtung Sportorganisationen mit dem Deutschen Sportbund als damaliger Dachverband).
In der Willimczik-Ära der dvs wurde 1981 die erste dvs-Sektion (hier: Sportgeschichte) gegründet, im gleichen Jahr erschien Band 1 der dvs-Schriftenreihe (damals noch: „dvs-protokolle“) mit dem Titel „Unterrichtsforschung in der Sportpädagogik“ (Redaktion: Günter Köppe und Jürgen Schröder) im Eigenverlag bei der Druckerei Greinert in Clausthal-Zellerfeld; 1982 erfolgte die Gründung der ersten dvs-Kommission (hier: Tennis). Willimczik brachte so die Binnendifferenzierung der dvs weiter voran. Im Jahr 1984 wurde die Vereinbarung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Benennung von Sondergutachtern aus der dvs geschlossen. Sie hatte über 20 Jahre Bestand.
Die dvs hat Klaus Willimczik bei der Hauptversammlung 2013 in Konstanz zum Ehrenmitglied ernannt. Als einer der ersten (drei) wurde er bereits 2005 mit der Goldenen Ehrennadel der dvs ausgezeichnet. Klaus Willimczik hatte auch bedeutende ehrenamtliche Funktionen in Wissenschaftsorganisationen und im organisierten Sport auf Bundesebene inne: Er war z.B. von 1982 bis 1984 Präsident des (inzwischen aufgelösten) Ausschusses Deutscher Leibeserzieher (ADL); er gehörte zwanzig Jahre dem Herausgeber-Kollegium der Zeitschrift „Sportwissenschaft“ an und war von 1986 bis 1988 in seiner Funktion als Vorsitzender des Bundesausschusses für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit des Deutschen Sportbundes (DSB) auch Mitglied im Präsidium des DSB, eine der Vorgängerorganisationen des heutigen Deutschen Olympischen Sportbundes. In seine Amtszeit beim DSB fiel u. a. die Erarbeitung und Verabschiedung der Grundsatzerklärung „Kinder im Leistungssport“ (1983), an der Willimczik federführend beteiligt war.
Klaus Willimczik wurde 1940 in Königsberg (Preußen) geboren und leitete von 1980 bis zu seiner Emeritierung 2005 den Arbeitsbereich „Sport und Bewegung“ an der Abteilung Sportwissenschaft der Universität Bielefeld. Nach dem Studium der Fächer Philosophie, Geschichte, Geografie und Leibeserziehung in Mainz, Hamburg und Berlin mit Abschluss des ersten Staatsexamens und Promotion (in Mainz) sowie Habilitation mit der Venia Legendi für „Theorie der Leibeserziehung“ (in Frankfurt) wurde er 1971 im Alter von 31 Jahren der (erste) ordentliche Professor für Sportwissenschaft an der TH (heute TU) Darmstadt.
Zu den Arbeitsschwerpunkten von Klaus Willimczik gehören u. a. die Wissenschaftstheorie und Forschungsmethodik, die Biomechanik und Bewegungslehre sowie die Sportpsychologie und die Geschichte des Sports und der Sportwissenschaft. Er ist damit einer der wenigen interdisziplinär arbeitenden Sportwissenschaftler, dessen Veröffentlichungen in den unterschiedlichen sportwissenschaftlichen Teildisziplinen anerkannt sind. Mehrere seiner Publikationen zählen bis heute zu den Standardwerken. Von herausragender Bedeutung für das Selbstverständnis und die Anerkennung des Faches ist seine mehrteilige Begründung der „Sportwissenschaft interdisziplinär“, die er gerade mit dem fünften Band („Spätlese“) abgeschlossen hat.
In den Jahren 2003 bis 2006 war Klaus Willimczik, der 1999 von der Fakultät für Sport und Sportwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz zum Dr. honoris causa (h.c.) promoviert wurde, einer von zwei Vorsitzenden des Kuratoriums „Olympische Akademie und Olympische Erziehung“ des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) für Deutschland und als NOK-Vertreter auch Mitglied der Präsidialkommission Schulsport im DSB.
Zudem blickt Willimczik über eine beachtliche internationale Karriere im Leistungssport als vielseitiger Leichtathlet zurück: Er war im Trikot des TSV Rendsburg erfolgreich als Zehnkämpfer (u. a. 1959 Deutscher Junioren-Vizemeister hinter dem späteren Olympiasieger Willi Holdorf) und im Stabhochsprung sowie u.a. zweimal Deutscher Meister über 110-m Hürden (1961 für Bayer Leverkusen und 1963 für den USC Mainz); er nahm an zwölf Länderkämpfen für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) teil und war von 1965 bis 1968 DLV-Bundestrainer in dieser Disziplin – ganz abgesehen davon, dass diese sportart- bzw. disziplinspezifischen Aktivitäten von einem konkreten Theorie-Praxis-Bezug wissenschaftlich begleitet waren – erinnert sei an die im Jahre 1972 erschienene (und insofern biografisch nahe liegende) Habilitationsschrift mit dem Titel „Leistungsbestimmende Bewegungsmerkmale der 110-m-Hürdentechnik“.
Bis ins hohe Alter war der Jubilar regelmäßig weiterhin u.a. aktiv im Rudern und im Segeln und hat sich nicht zuletzt auch ehrenamtlich im Sportvereinswesen langjährig verdient gemacht: Er leitete u.a. von 1990 bis 1995 als Präsident die Geschicke des Traditionsvereins Bielefelder Turngemeinde von 1848, die ihn später zum Ehrenvorsitzenden ernannte. Dort hat Willimczik erst spät in der „AK 75“ zum ersten Mal überhaupt das Deutsche Sportabzeichen (natürlich in Gold) abgelegt.
Anlässlich des 25. dvs-Hochschultages, der wegen der Corona Pandemie vom Team der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Gastgeber im März 2022 nur virtuell stattfand, hielt Klaus Willimczik einen viel beachten Plenarvortrag mit dem Titel „Auf der Suche nach Identität – Fakten und Gedanken zu einer Ideengeschichte der dvs“. Darin zeichnete er den Weg der Sportwissenschaft als Fach und ihre Etablierung an Universitäten seit den 1960er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland nach und betrachtete seine Ausführungen vom methodischen Ansatz her als „autobiographisch durchsetze Dokumentation“.
Auch mit nun 85 Jahren ist Klaus Willimczik nicht nur wissenschaftlich tätig, sondern weiterhin zusammen mit seiner Ehefrau Imi sozial engagiert – vorzugsweise in ihrem Herzens-Projekt in Larabanga, einem Dorf im Nordwesten Ghanas. Beide reisen regelmäßig von ihrem Wohnort in einer Seniorenresidenz in Bad König im Odenwaldkreis dorthin, um die Entwicklungen zu begleiten und sogar selbst Hand anzulegen: „Ich beglückwünsche Klaus Willimczik sehr herzlich zu seinem 85. Geburtstag und wünsche ihm alles Gute, weiterhin Gesundheit, Lebensfreude und Schaffenskraft. Gleichzeitig möchte ich Klaus Willimczik heute schon zum 50. Geburtstag der dvs im Oktober 2026 einladen. Wir würden uns sehr freuen, Sie dann als unseren Ehrengast dort begrüßen zu dürfen“, gratuliert dvs-Präsident Prof. Dr. Ansgar Schwirtz (TU München) für das dvs-Präsidium.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann
Der Autor trat unter dvs-Präsident Willimczik in die dvs ein und war von 1985 bis 1989 dvs-Geschäftsführer während der Präsidentschaft von Dietrich Kurz. Willimczik und Kuhlmann waren von 1980 bis 1988 Kollegen an der Abteilung für Sportwissenschaft der Uni Bielefeld.