In der Jahrestagung der dvs-Kommission Gerätturnen zum Thema „Leistung mit Respekt. Vom Sportunterricht bis hin zu Olympia!" hieß es, den Spagat zwischen Gerätturnen im Sportunterricht und im Leistungssport zu schaffen. Über 40 Teilnehmende aus Deutschland, Japan, Kanada und Großbritannien waren der Einladung der dvs und des örtlichen Ausrichters, dem Forschungszentrum für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen (FoSS), nach Karlsruhe ins Institut für Sport und Sportwissenschaft zu der dreitägigen Veranstaltung gefolgt. Der Abstractband der Tagung (DOI: 10.5445/IR/1000174860) war vorab open access veröffentlicht worden, insbesondere für die ausländischen Gäste war dies eine Chance, sich dank KI-Übersetzung optimal vorzubereiten. Die hybride Veranstaltungsform ermöglichte, dass zwei Referierende trotz Krankheit dennoch ihr Wissen und innovative Impulse einbringen konnten.
Keynote-Speaker Hardy Fink, ehemaliger „Director of Education and Academy Programs for FIG“, der eigens aus Kanada eingeflogen war, war erstaunt über die Vielfalt der zwölf Vorträge. Diese wurden jeweils gebündelt entsprechend der drei Tagungsschwerpunkte Digitalisierung im Gerätturnen, Zusammenarbeit von Verband und Schule, sowie Bewegungssehen und -lernen diskutiert. Bereichernd waren auch die vier Poster, die einerseits inhaltlich die Breite des Turnens und der Bewegungskünste aufgezeigt haben, andererseits aber auch die Chance boten, thematisch klar begrenzte Qualifikationsarbeiten zu präsentieren – für den einen oder anderen Studierenden im Plenum waren dies Mutmacher bzw. Ideengeber für eigene Forschungsvorhaben.
Die teilnehmenden Wissenschaftler*innen, Dozierende aus ganz Deutschland von Hamburg bis Augsburg, von Leipzig bis Köln, Lehrkräfte, Trainer*innen, Verbandsvertreter*innen sowie Studierende verstanden sich sehr schnell als „Community“, entsprechend offen und respektvoll wurde miteinander umgegangen, auch beim Thema der Podiumsdiskussion „(Hilfe-)Leistung mit Respekt“. Neben dem wissenschaftlichen Programm wurden Strategien aufgezeigt, Links geteilt und auf Materialien aufmerksam gemacht.
Fassungslos waren die Teilnehmer*innen, als sie von einem Standort einer deutschen Universität erfuhren, an dem eine Ausbildung im Gerätturnen mit nur einer (1) SWS im gesamten Sportstudium angeboten wird. Auch die entsprechend der Landesgesetze bzw. Sportinstitute unterschiedlichen Lehrbelastungen (von 4,5 bis zu 12 SWS bei 50% Deputat) kamen zur Sprache, genauso wie die Konsequenzen aus dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz.
Vor 25 Jahren wurde die dvs Kommission Gerätturnen gegründet – ein guter Grund für einen alkoholfreien Sekt und viel Interesse bei der Kommissionssitzung, bei der als neue Sprecherin Dr.in Anette Böttcher (Wuppertal) gewählt wurde. Sie löst Prof. Dr. Thomas Heinen (Leipzig) ab, der zehn Jahre unermüdlich den Status quo des Gerätturnens weiterentwickelt hat. Neu in den Sprecher*innenrat berufen wurde Prof.in Dr. Swantje Scharenberg (FoSS), die gemeinsam mit Kollegin Sandra Korban (Augsburg) die Sprecherin unterstützen wird. Geschlechtergerechtigkeit wurde hier vom Wahlleiter Dr. Uli Fehr (dvs) – augenzwinkernd – eingefordert, jedoch erst einmal nicht umgesetzt.
Im Resümee der Tagung wurde insbesondere gelobt, dass der Schulsport/Sportunterricht während der drei Tage inhaltlich großen Raum einnahm und von der Schulwirklichkeit auf Ausbildungskonzepte an der Universität rekurriert werden sollte. Gewünscht wurde eine noch stärkere Vernetzung zum organisierten Sport, beispielsweise zur Trainerakademie des DOSB bzw. auch die bewusste (zeitliche) Kopplung von Veranstaltungen, so wie es in diesem Jahr mit den Freiburger Gerätturntagen von einigen Teilnehmenden bereits gelebt wurde. Was hat gefehlt? Gemeinsam in der Halle beim Gerätturnen andere Ansätze in der praktischen Eigenrealisation zu erfahren. Vielleicht lässt sich das in zwei Jahren bei der nächsten Tagung der dvs Kommission Gerätturnen realisieren. Ein Ausrichter für diese Tagung, die möglichst Mitte September 2026 stattfinden sollte, wird aktuell gesucht.