Die Planung und der Bau von Spiel- und Sporträumen birgt viele Facetten. Dies wurde einmal mehr während der 16. Jahrestagung der dvs-Kommission „Sport und Raum“ deutlich. Die Tagung, die vom 19. bis zum 20. September 2024 in Bad Driburg und Paderborn durchgeführt wurde, hat Vorträge und Expert*innen unter dem Tagungstitel „Planen. Beteiligen. Bauen. Bewegen“ versammelt.
Das Organisationsteam um Prof. Heiko Meier und Dr. Marc Kukuk hatte bewusst zwei Tagungsorte gewählt, um das Tagungsthema auch räumlich aufzugreifen; so war am ersten Tag die Firma Playparc GmbH in Bad Driburg Gastgeber, die sich auf die Planung und den Bau von Spielplatz- und Sportgeräten, insbesondere Calisthenics-Anlagen spezialisiert hat und hier national wie auch international erfolgreich agiert. Auf diese Weise war es möglich, die fachwissenschaftlichen Vorträge und Diskussionen nicht nur lautmalerisch vom Bau von Spielgeräten begleiten zu lassen, sondern die Produktion und Produkte im Rahmen einer Führung auch hautnah erleben zu können. Der zweite Tagungstag fand in den Räumlichkeiten des Sportinstituts der Universität Paderborn statt. Hier wurde abschließend auch die diesjährige Kommissionsitzung mit der Neuwahl des Sprecher*innenrats der Kommission durchgeführt.
Zum Auftakt der Tagung konnten Heiko Meier von der Universität Paderborn stellvertretend für die Ausrichter*innen und Steffen Strasser als Vertreter der Fa. Playparc und Gastgeber des ersten Veranstaltungstages knapp 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßen. Direkt im Anschluss stellten Bettina Hünersdorf und Alina Zils von der Universität Halle-Wittenberg im ersten Hauptvortrag ihren sozialwissenschaftlichen Ansatz für soziale Analysen von Spielräumen und deren Nutzung vor. Dabei wurden sowohl eigene Überlegungen zu Planungsgrundsätzen als auch hierauf beruhende Erkenntnisse aus praktischen Beobachtungen präsentiert. Anschließend stellte Sören Wallrodt von der Hochschule Koblenz ein Verfahren vor, wie der Vergleich der Versorgungsgrade mit Sportstätten in unterschiedlichen Kommunen bei der Sportstättenbedarfsplanung behilflich sein kann. Fortgesetzt wurden die Vorträge von Heiko Meier und Marc Kukuk, die einen Einblick in die Ergebnisse einer Untersuchung gaben, bei der sowohl Kinder als auch Erwachsene befragt wurden, welche Ausstattung auf Kinderspielplätzen in ihren Augen wichtig und wünschenswert ist. Ihre zentralen Erkenntnisse, dass sich Eltern bei der Planung und beim Bau von Kinderspielplätzen als Agenten ihrer Kinder sehen und nur wenige eigene Bedürfnisse äußern, die ohne erheblichen Mehraufwand leistbar sind, verdeutlichten, dass sich deren Befragung und Beteiligung als Planungsinstrument eignet und zu einer über den Planungs-und Bauprozess hinaus nachhaltigen Bindung an die kindlichen Spiel- und Bewegungsorte führt. Dies bietet auch Chancen, die Bewegungszeit von Kindern und die Nutzung der Plätze auszuweiten, wenn Eltern länger mit ihren Kindern auf den Spielplätzen verweilen. Den inhaltlichen Abschluss des ersten Veranstaltungstags bildete eine Talkrunde nach dem Fishbowl-Prinzip, an der anfänglich neben Steffen Strasser und Heiko Meier der auf Spielplatzbau spezialisierte Landschaftsarchitekt Martin Gasse sowie Tobias Thierjung als Redakteur des Fachmagazin Playground&Landscape teilnahmen. Aber auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung hatte nach und nach die Möglichkeit, sich aktiv mit Ihren Fragen und Einschätzungen zum Thema Spielraumplanung einzubringen und vom Podium an der Diskussion zu beteilgien. Abschließend erläuterte der Geschäftsführer der Playparc GmbH, Steffen Strasser, im Rahmen einer Werkstour die Abläufe der Fertigung und des Betriebs.
Abgerundet wurde der erste Veranstaltungstag nach dem Shuttletransport von Bad Driburg nach Paderborn durch den Konferenzabend, der über den Dächern der Stadt im ASTA-Stadtcampus der Universität Paderborn stattfand und aufgrund der besonderen Räumlichkeit Anlass für vertiefende Gespräche und fortgesetzte Diskussionen bot.
Am zweiten Tag wurde die Tagung in den Räumlichkeiten der Universität Paderborn zunächst mit einem Vortrag von Veith Kilberth, Sportwissenschaftler und ehemaliger Profi-Skater, fortgeführt. Er stellte anhand eines praktischen Beispiels die Planung und Nutzung einer Skateanlage für den Leistung- und Freizeitsport dar. Folgende Vorträge beschäftigten sich mit den Möglichkeiten, wie Kommunen erfolgreich ihre Bürger und Bürgerinnen „in Bewegung bringen können“ (Constanze Schulte und Till Müller-Schoell) sowie mit der Renaissance der Kneipp-Bewegung (Peter Wolff) als Bestandteil kommunaler Bewegungskultur. Im Anschluss folgte der zweite Hauptvortrag der Tagung, in dem Hermann Städtler dazu anregte, „über Turnhallen und Sportplätze hinauszudenken“ und „Bewegung als selbstverständlichen Teil des Schultags einzuplanen“. Dies gelang dem ehemaligen Schulleiter und Initiator des Programms „Bewegte Schule Niedersachsen“ höchst anschaulich und auch praktisch; denn beispielhaft verdeutlichte er den tagungsteilnehmer*innen, wie es gelingen kann, mehr Bewegung in den Alltag von Schülerinnen und Schülern zu integrieren. Noch vor der Mittagspause thematisierten zwei Beiträge die sozialen Herausforderungen bei der Planung von Sport- und Bewegungsstätten: zunächst stellten Jan Haut, Jonas Wibowo, Kathrin Kahner und Ulrike Grünzel-Spindelmann ihre Forschungsergebnisse zu Beteiligungsmöglichkeiten von Menschen mit Beeinträchtigungen in Partizipationsprozessen zur Sportstättenplanung vor; anschließend referierte Tobias Thierjung aus politikwissenschaftlicher Perspektive wesentliche Aspekte einer sozialen Nachhaltigkeit in der Spiel- und Sportraumplanung.
Den inhaltlichen Abschluss der Tagung bildete ein Vortragspanel zu den politischen Herausforderungen bei Planungsprozessen von Sport- und Bewegungsstätten: Zum einen wurde durch Jürgen Schwark der sehr populistisch geprägte Prozess rund um die Diskussion eines Stadionneubaus in Oldenburg geschildert. Zum anderen stellten Robert Peper und Heiko Meier mit seinem Team das Paderborner Modell der Partizipativen Sportentwicklungsplanung vor sowie die Möglichkeiten und den Mehrwert, die durch die Implemetierung einer Sozialen Netzwerkanalyse (SNA) in diesen Prozess geschaffen werden können. Der von Hagen Wäsche von der Universität Koblenz eingeplante Kommentar zur Umsetzbarkeit und zum Nutzen dieses für die kommunale Politikberatung neuen Ansatzes musste krankheitsbedingt leider entfallen, die Zeit konnte aber gut für die Diskussion zum Abschluss der Tagung genutzt werden.
Die Tagung bot insgesamt vielfältige Einblicke in alle Themen, die mit dem Tagungstitel angesprochen wurden, wobei sowohl Räume zur informellen Nutzung, für die formale Bildung als auch zur Nutzung durch den Leistungssport thematisiert wurden, und ging weit über Fragen der infrastrukturellen Versorgung hinaus. Ziel ist es, die Beiträge in einem Tagungsband zu dokumentieren und in 2025 zu veröffentlichen.