Das 9. Symposium der Deutschen Arbeitsgemeinschaft von Sportmuseen, Sportarchiven und Sportsammlungen e.V. (DAGS) am 8./9. Oktober fand unter besonderen Corona-Bedingungen statt. Wie immer bei DAGS-Symposien wurde die Veranstaltung mit Partnerorganisationen durchgeführt, diesmal mit dem Alpinen Museum des Deutschen Alpenvereins (DAV) als Ausrichter und der Sektion Sportgeschichte der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs). Die Schirmherrschaft hatte DOSB-Präsident Alfons Hörmann übernommen, der jedoch krankheitsbedingt (kein Corona!) leider nicht anwesend sein konnte, aber im Geiste dabei war.
Lange blieb unklar, ob die Tagung wegen der Corona-Pandemie wirklich im Alpinen Museum durchgeführt werden könnte. Alle Verantwortlichen um die Leiterin des Alpinen Museums, Friederike Kaiser, waren jedoch mutig genug, ein Experiment zu wagen: Unter strengen Auflagen und Beachtung der Hygieneregeln konnte getagt werden, und gleichzeitig wurde das Symposium online übertragen. Jeder, der sich angemeldet hatte, konnte an dem inhaltlich spannenden Symposium mit ausgezeichneten Referaten teilnehmen. Die Vorträge wurden aufgezeichnet und sollen als Podcasts auf die Website des Alpinen Museums gestellt werden (
www.alpenverein.de/Kultur/Museum/
).Im Vorfeld fand am 8. Oktober die Mitgliederversammlung der DAGS statt. In deren Anschluss wurde das von Michael Krüger herausgegebene Buch „Deutsche Sportgeschichte in 100 Objekten“ vorgestellt, an dem zahlreiche Mitglieder der DAGS als Autoren mitwirkten. Das Verlagshaus Klotz aus Neulingen hatte einen prächtigen Text-Bildband in höchster Druckqualität mit festem Umschlag produziert, der mit Begeisterung aufgenommen wurde und hoffentlich viele Leserinnen und Leser findet. Auch Objekte aus dem Alpinen Museum wurden beschrieben und konnten im Anschluss an die Buchpräsentation in einer Führung in Augenschein genommen werden.
Das Thema des Symposiums lautete „Gipfelglück. Natur und Sport im Museum“. Zweck und Anlass für die Tagung boten das Jubiläum zum 150jährigen Bestehen des Deutschen Alpenvereins im vergangenen Jahr und die damit verbundene Neukonzeption der Dauerausstellung im Alpinen Museum. Um diese Ausstellung zu planen, erhofften sich die Ausrichter von dem Symposium grundlegende Impulse für die Neukonzeption. So standen im Fokus: Das Verhältnis von Natur und Sport im Kontext des touristischen Wanderns, Bergsteigens und Kletterns sowie der Berg- und Natursport im Allgemeinen. Es sollten diese grundlegenden Bezüge von Natur und Sport sowie deren Wandlungen im Laufe der Geschichte des Alpinismus und des Natur- und Bergsports Berücksichtigung finden und für ein interessiertes Publikum mit modernen museumsdidaktischen Mitteln aufbereitet werden.
Konsequenterweise gliederte sich das Tagungskonzept in zwei große Blöcke, einen Vormittagsblock mit grundlegenden kulturhistorischen und kultursoziologischen Erörterungen zum Thema Natur und Sport / Natursport, und einen eher museumsdidaktischen, anwendungsorientierten Block am Nachmittag, in dem es im Dialog mit anderen Museen und deren Erfahrungen um die Umsetzung dieser Impulse in praktische Museumsarbeit ging.
Dr. Marcel Reinold vom Arbeitsbereich Sportpädagogik und Sportgeschichte am Institut für Sportwissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster eröffnete die Tagung mit seinem Vortrag über „Natursport“, in dem er den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern in München, die in der geräumigen Lukaskirche an der Praterinsel vis-à-vis des Alpinen Museums Platz genommen hatten, historische, soziale und kulturelle Voraussetzungen des Natursports analysierte und anschaulich darlegte. Individuelles Erleben der Natur einschließlich des Bewegens und Sporttreibens sind stets spezifischen sozialen und kulturellen Wertungen und Kontexten in einem dynamisch verlaufenden, historischen Prozess unterworfen. Romantischen Bildern der Natur stehen beispielsweise Sichtweisen der Natur gegenüber, die auf deren Kontrolle und Beherrschung sowie Sicherheit in der Natur abzielen. Das Bedürfnis der Menschen, sich frei in der Natur zu bewegen, hat im Zeitalter des Massentourismus zu massiven Eingriffen in die Natur geführt. Die im Deutschen Alpenverein genannten Ziele und Aufgaben der Vereinsarbeit wie die Erschließung der Natur, das Bergwandern und Klettern in der Natur auf der einen Seite und der Naturschutz auf der anderen Seite geraten dabei durchaus auch in Konflikt miteinander.
Wie schwierig diese Balance verschiedener Interessen Einzelner und aller, die die Natur lieben und bewahren wollen, geworden ist, zeigte sich praktisch in allen nachfolgenden Referaten: Angefangen von der Frage „Wem gehört der Berg?“ (Dr. Daniel Habit, München) über Frauenexpeditionen im Himalaya (Dr. Martina Gugglberger, Linz) bis zum norwegischen „Friluftsliv“ (Prof. Dr. Annette Hofmann, Ludwigsburg) und anderen Vorträgen.
In der Nachmittagssession wiederum standen praktische Beispiele von Museen im Mittelpunkt, die über ihre jeweilige Museums- und Ausstellungskonzeption berichteten; insbesondere darüber, wie sie sich bemühen, ihre spezifischen Themen und Zielgruppen miteinander zu verbinden. Neben Natur- und Wintersportmuseen (z.B. Gustav Thöny, Vorarlberg) stellte auch der Präsident der Friedrich-Ludwig-Jahn-Gesellschaft e.V., Dr. Josef Ulfkotte, die Konzeption der neuen Dauerausstellung des Jahn-Museums in Freyburg (Unstrut) vor.
Den Höhepunkt des rundum gelungenen Symposiums bildete die Abschlussrunde in der Lukaskirche. Der Museumsdesigner Beat Gugger (Schweiz) hatte (fast) alle Vorträge aufmerksam angehört und übersetzte deren Botschaft in eine Idee für die neue Ausstellung im Alpinen Museum. Guggers graphische Präsentation wurde lebhaft diskutiert. Zahlreiche Anregungen kamen aus dem bis zur letzten Minute engagierten Publikum, die nun in einen kreativen Prozess der Darstellung des komplexen Verhältnisses von Natur und Sport in der Dauerausstellung des neuen Alpinen Museums münden.
Quelle:
Prof. Dr. Michael Krüger (Vorsitzender der DAGS)
Podcast:
Unter der Adresse
www.alpenverein.de/kultur/gipfelglueck-zum-nachhoeren_aid_34712.html
könne die Redebeiträge angehört werden.