Sport im Kindes- und Jugendalter bei Herz- und psychosomatischen Erkrankungen
Bericht von der 10. Jahrestagung der Gesellschaft ür Pädiatrische Sportmedizin e.V. - 26.-27. Februar 2010 in Potsdam
Die Gesellschaft für Pädiatrische Sportmedizin e.V., institutionelles Mitglied der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft und kooptiertes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP), entwickelte sich innerhalb von 10 Jahren zur weltweit mitgliedstärksten integrativen Fachgesellschaft für Wissenschaftler und Praktiker klinischer und nicht-klinischer Berufe, die sich des Themas "Bewegung und Sport im Kindes- und Jugendalter" aus natur-, geistes- und sozialwissenschaftlicher Sicht annehmen.
Mitglieder der Gesellschaft und Teilnehmer aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Großbritannien begingen das 10-jährige Jubiläum mit der diesjährigen Jahrestagung am 26. und 27. Februar 2010 in Potsdam. Die Organisation war in einer Kooperation der AHG Klinik für Kinder und Jugendliche, Dr. W. Gruber, und des Excellenzbereichs Kognitionswissenschaften der Universität Potsdam, Prof. Dr. F. Mayer (Sportmedizin und Sportorthopädie) und Prof. Dr. R. Brand (Sportpsychologie), mit weiterer Unterstützung durch die Sportschule Potsdam, P. Welke, und den Olympiastützpunkt Potsdam, R. Welke, hervorragend organisiert und durchgeführt.
Das initiale Satellitensymposium mit dem Schwerpunkt Kanusport unter Berücksichtung der strukturellen und technischen Bedingungen des Nachwuchshochleistungssports behandelte umfassend und anschaulich trainingsmethodische Aspekte des Kinder- und Jugendtrainings aber auch pädagogische und entwicklungspsychologische Fragen des Lebens Jugendlicher Sportler an Sportinternaten.
Im Rahmen der offiziellen Eröffnungsveranstaltung verdeutlichte Vizekanzler Dr. T. Grönewald, Strukturen und Schwerpunkte der Universität Potsdam unter besonderer Berücksichtigung ihrer Entwicklung in der Hochschullandschaft Brandenburg sowie ihrer Bedeutung bezüglich Forschung im Bereich Kinder und Jugendlicher in Schule und Sport. Staatssekretär B. Jungkamp (Ministerium für Jugend, Bildung und Sport des Landes Brandenburg) unterstrich die herausragende Bedeutung der vielfältigen Bewegungs- und Sportinitiativen im Land Brandenburg. Im anschließenden Eröffnungsvortrag erläuterte Prof. Dr. H.-H. Dickhuth (Universität Freiburg), dass bis zu ca. 30 % der Aufgaben des praktischen Sportmediziners Kinder und Jugendliche betreffen, ohne dass dieses sich in einer vergleichbaren pädiatrischen Repräsentanz sportmedizinisch tätiger Ärzte widerspiegelt.
Die Hauptveranstaltung hatte die Schwerpunkte "Sport im Kindes- und Jugendalter bei Herz- und psychosomatischen Erkrankungen". Übersichten von Prof. Dr. A.-K. Hashim (Universitätsklinikum des Saarlandes), PD Dr. J. Scharhag (Universität Potsdam) und Dr. W. Lawerenz (Herzzentrum Duisburg) verdeutlichten eindrucksvoll aktuelle Möglichkeiten und Grenzen kardiologischer Beurteilung und praktischer Konsequenzen für körperlicher Aktivität mit und nach Therapie von erworbenen und angeborenen Herzerkrankungen sowie des Screenings von Kindern und Jugendlichen vor (leistungs-)sportlicher Aktivität. Die Beiträge zeigten auch pädiatrisch-kardiologische Zwänge und Probleme bezüglich evidenz- vs. eminenzbasierter Empfehlungen mit bestehenden bzw. möglichen rechtlichen und finanziellen Hintergründen und Konsequenzen für unstrukturierte und strukturierte Bewegungs- und Sportangebote für Kinder und Jugendliche. Weitere Übersichtsbeiträge von Dr. C. Kirchhoff (St. Josefs-Hospital, Bochum), Prof. Dr. A. Ludolph (Universitätsklinikum Ulm) und Prof. Dr. G. Ludwig (FB Sportpädagogik, Hochschule Fulda) diskutierten Möglichkeiten von Bewegung und Sport als Alternative bzw. Ergänzung der Pharmakotherapie unter besonderer Berücksichtigung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörungen. Die Beiträge zeigten beeindruckende Beispiele, wie Bewegung und Sport generell aber auch besonders in der Schule bei Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörungen als Mittel der Selbstregulation und zur individuellen (Re-)Strukturierung genutzt werden können. Sie deuteten zusätzlich darauf hin, dass körperliche Bewegung den Lernerfolg kognitiver jedoch körperlich weitgehend inaktiver Inhalte des Curriculums steigern kann, sogar wenn das zeitliche Angebot körperlich weitgehend inaktiver Inhalte des Curriculums durch Bewegungsphasen etwas verringert würde.
Ergänzt wurden diese Schwerpunktthemen durch thematisch freie Kurzbeiträge, die in zwei Vortragssitzungen und einer ständigen Posterausstellung mit Begehungen und Kurzpräsentation präsentiert wurden. Die Beiträge reflektierten das breite thematische Spektrum der Mitglieder der Gesellschaft. Das Bewegungsverhalten an sich und seine Quantifizierung im Vorschul- und Primarstufenalter sowie Interventionsstudien unter Berücksichtigung sozio-kultureller-ökonomischer Faktoren einschließlich Migrationshintergrund sowie Geschlecht und Reifestatus kennzeichneten einen aktuellen thematischen Forschungsschwerpunkt.
Alle Präsentationen von Teilnehmern, die nicht habilitiert und nicht älter als 35 Jahre waren, konkurrierten um den jährlichen Forschungspreis. Prämiert wurde dieses Jahr die Arbeit von Frau Ursina Meyer aus Basel mit dem Thema: "The success of a general school-based physical activity intervention on bone mineral content depends on pubertal stage but not on gender" (Foto: siehe unten). Die Arbeit basierte auf einer Kooperation der Universitäten Basel, Luzern und Zürich und untersuchte den Effekt eines 9-monatigen schulbasierten Interventionsprogramms, dass die körperliche Aktivität von Grundschulkindern gezielt durch erweiterten Schulsport steigerte. Frau Meyer zeigte bei einer Stichprobe von 275 Kindern, dass die Intervention eine Steigerung der Knochendichte bewirkte, die durch den Pubertätsstatus jedoch nicht durch das Geschlecht beeinflusst wurde.
Die 11. Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Sportmedizin ist für den 18. bis 20. Februar 2011 in München geplant.
Prof. Dr. med. Dipl.-Sportl. Ralph Beneke
Director of Health, Exercise & Active Life Research Unit
Director of Human Performance Unit
Centre for Sports and Exercise Science, Department of Biological Sciences
University of Essex, Wivenhoe Park, Colchester, Essex, CO4 3SQ
rbeneke[at]essex.ac.uk
Forschungspreis 2010 der Gesellschaft für Pädiatrische Sportmedizin
Überreichung des Forschungspreises an Frau Ursina Meyer aus Basel (Mitte rechts) mit Studienleiterin P.D. Dr. S. Kriemler (Mitte links) überreicht durch Prof. Dr. H. Hebestreit (rechts außen) und Prof. Dr. R. Beneke (links außen).